Icewine zum Rhabarberkuchen
Neulich, beim Einkaufen, bin ich über das Angebot von frischem Rhabarber gestoßen. Bei Rhabarber bin ich immer etwas hin und her gerissen, weil er einerseits hervorragend schmeckt und man tolle Desserts und Süßspeisen daraus machen kann, er andererseits aber verhältnismäßig arbeitsaufwendig ist. Diese unzähligen Fasern nerven etwas beim Schälen. Aber der Rhabarber gehört – ähnlich wie Spargel oder Erdbeeren – einfach zum Frühling dazu, deswegen muss ich jedes Jahr zumindest einmal eine Rhabarberspeise herstellen. Ich konnte also nicht widerstehen und hab ihn in den Einkaufskorb gepackt.
Noch besser wird das Ganze selbstverständlich mit dem passenden Wein dazu. Deswegen taten sich zuhause gleich zwei Fragen auf: Welches Rezept mit Rhabarber mache ich? Und: Welcher Dessertwein passt zu Rhabarber?
Rhabarbertorte
Gesagt, getan. Zuhause suchte ich gleich mal in verschiedenen Back- und Kochbüchern nach Rhabarberrezepten. Fündig wurde ich in einem uralten Teil namens „Süße Küche“ mit einem fetten, roten Aufkleber „Sonderpreis DM 13,80“ vorne drauf. Dies, in Verbindung mit dem charmanten 70-er Jahre Design dieses Süßspeisen-Kochbuchs zauberte mir gleich ein breites Grinsen ins Gesicht. Keine Ahnung, woher ich diesen Schinken eigentlich herhabe, vermutlich aus dem Fundus meiner Oma. Ich fand darin aber ein sehr interessant klingendes Rhabarberkuchenrezept mit Baiser.
Bei diesem Rezept muss man 100 g Butter, 1 Päckchen Vanillezucker, 100 g Zucker, 3 Eigelb, 50 g Speisestärke, 150 g Mehl, 1 ½ gestrichene TL Backpulver und 6 EL Milch zu einem Teig verarbeiten, in eine Springform füllen und bei ca.180°C für eine knappe halbe Stunde backen. Währenddessen stellt man den Belag her. Dazu schlägt man 3 Eiweiß steif und lässt nach und nach 150 g Zucker und 50 g gemahlenen Mandeln einrieseln. Zuletzt vermischt man dies mit 375 g geputztem Rhabarber (den man am besten schon im Vorfeld vorbereitet hat, um nicht in Zeitnot zu geraten).
Dieser Belag kommt auf den halb gebackenen Teig und das Ganze wird für eine weitere gute halbe Stunde gebacken.
Sehr schmackhaft!
Passt Eiswein zum Rhabarberkuchen? Und generell: Passt Icewine zu Rhabarber?
Eine schöne Süßspeise braucht selbstredend einen angemessenen Begleiter. Aber welchen Wein wählt man nun? Diese Frage ist beim Rhabarber gar nicht so selbstverständlich einfach zu beantworten wie bei vielen anderen Desserts. Denn es handelt sich bei ihm botanisch gesehen um ein Gemüse, dessen Stiele verzehrt werden, auch wenn er in unserer Küche stets wie ein Obst verwendet wird. Zudem ist er äußerst säuerlich. Wenn man hier zu einem trockenen Wein greifen würde, dann würde das Säureempfinden noch potenziert werden und die ganze Rhabarberspeise insgesamt zu sauer schmecken. Daher muss man hier unbedingt zu einem süßen Dessertwein greifen. Für Rhabarbergerichte, bei denen die natürliche Säuerlichkeit noch im Vordergrund steht, würde ich zu einem Riesling basierten Süßwein raten. Denn der Riesling an sich ist eine Rebsorte mit sehr hohem Säuregehalt. Dies, in Kombination mit der Restsüße eines Eisweins bzw. Icewines, zaubert ein wunderbares Süße- und Säurespiel, das mit Rhabarber feinstens harmonieren kann.
Meine Cellardoor24 Empfehlung zu säuerlichen Rhabarbergerichten, wie z.B. einem Rhabarbersorbet ist ein Wein aus Kanada, nämlich der
Pillitteri Estates Carretto Riesling Icewine 2016 von der Niagara Halbinsel in Ontario, Kanada.
Nach diesem kleinen allgemeinen Exkurs kommen wir zurück zu unserem Rhabarberbaiserkuchen. Bei diesem Rezept ist einiges an Zucker mitverarbeitet worden. Dadurch wird die natürliche Säuerlichkeit des Rhabarbers von der Süße sehr stark überdeckt. Insgesamt schmeckt der Kuchen süß und kaum säuerlich. Daher empfehle ich einen Wein, der natürlich auch wieder sehr üppig süß sein darf, aber gerne auch einen Tick weniger Säure als ein Riesling haben darf.
Vidal ist eine hierzulande ziemlich unbekannte Rebsorte: Es handelt sich dabei um eine sogenannte Hybridrebsorte, die in Nordamerika heimisch ist. Dort, also in Kanada und in Teilen der USA, werden Hybridrebsorten häufig angebaut und von den hiesigen Winzern sehr für ihre Frostresistenz geschätzt. Bei Wintern, in denen die Temperaturen oftmals auf unter -20°C absinken, ist man verständlicherweise sehr dankbar über Weinreben, um die man sich keine Sorgen machen braucht, ob sie denn den extremen Frost überstehen.
Die Wahl fiel bei mir erneut auf einen kanadischen Wein, nämlich auf den Lakeview Vidal Icewine, der auch von der Niagara Halbinsel in Ontario, Kanada stammt.
Der Vidal ist sehr gut geeignet für die Bereitung von Icewine (Eiswein). Das liegt schon allein daran, dass er nicht besonders anfällig ist für Fäulnis, die oftmals ein feuchter Herbst mit sich bringen kann und deswegen die Chance, dass die Beeren den Herbst am Weinstock gesund und frisch überstehen, sehr hoch ist. Außerdem hat er eine für Iceweine gut geeignete Aromatik. Die Säure ist ausreichend, um einen süßen Wein frisch wirken zu lassen, aber eben nicht ganz so hoch wie beim Riesling. Dies kommt säureempfindlichen Weinliebhabern durchaus entgegen.
Wie wird kanadischer Icewine gemacht?
Nun war die ganze Zeit die Rede von Icewine aus Kanada. Bei so manchem Leser hat sich sicherlich die Frage aufgetan, was denn dieser Icewine eigentlich genau ist und was ihn von anderen Weinen unterscheidet.
Die meisten wissen sicher, dass es sich bei Icewine, der auf Deutsch Eiswein heißt, um einen sehr süßen Dessertwein handelt. Manche wissen vielleicht auch, dass es ein sehr seltener und kostbarer Wein ist. Warum ist das so? Wie wird der Eiswein so süß? Und warum ist er teurer als die meisten trockenen Weine?
Bestimmt wird allen spätestens jetzt klar, dass man nicht einfach einem trockenen Wein Zucker beifügt. Denn so würde man nicht so ein edles, besonderes Getränk erhalten, sondern einen nicht übermäßig hochwertigen und nur pappsüßen Wein, von dem man im schlimmsten Fall noch Kopfschmerzen bekäme.
Beim Icewine bzw. Eiswein wird die hohe Zuckerkonzentration dadurch erreicht, dass man die Trauben bis in den Winter am Stock hängen lässt. Dadurch reifen sie vielmehr, als wenn man sie bereits im Spätsommer oder Herbst lesen würde. Die Trauben dürfen erst dann gelesen werden, wenn es mindestens -8°C in Kanada (-7 °C in Europa) hat. Sie dürfen also bei der Pressung nach der Lese diese Temperatur nicht überschreiten, andernfalls darf sich der Wein nicht Icewine bzw. Eiswein nennen. Durch dieses Verfahren, bei dem die Trauben komplett durchgefroren sind, erlangt man eine extrem hohe Konzentration von Zucker und Aromen und erhält gleichzeitig nur einen Bruchteil des Saftes, den man bei der normalen Weinbereitung aus den Trauben herauspressen kann. Das meiste bleibt kristallisiert in der Traube zurück. Außerdem ist das Ganze eine richtige Knochenarbeit: Die Erntehelfer müssen in der Regel mitten in der Nacht bei Eiseskälte die Trauben von den Stöcken schneiden. Das ist alles andere als gemütlich.
Spätestens jetzt wird klar, warum der Icewine/Eiswein so kostbar ist: Zum einen ist es wie ein Lotteriespiel, ob die Trauben überhaupt so lange gesund am Weinstock durchhalten, da die notwendigen Temperaturen für die Lese nicht selten erst im Januar erreicht werden. Oft werden sie auch gar nicht erreicht, dann war die ganze Mühe umsonst. Wenn es dann zur Lese kommt, dann ist zum anderen die Menge, die der Winzer an Most bekommt, sehr gering.
Deshalb kann man beim Icewine/Eiswein wirklich von flüssigem Gold sprechen.
Warum wird Icewine in Kanada hergestellt?
Die Geschichte des Qualitätsweinbaus in Kanada ist noch verhältnismäßig jung. Dennoch ist Kanada mittlerweile der weltweit größte Icewine-Produzent. Dies liegt vor allem an dem für die Produktion günstigem Klima. Während es beispielsweise in Deutschland stets unsicher ist, ob die entsprechenden Minus-Temperaturen im Winter auch wirklich erreicht werden, können die Kanadier in Ontario wegen des extrem kontinentalen Klimas mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die notwendigen frostigen Temperaturen erreicht werden. Die Region ist daher absolut prädestiniert für die Icewine-Produktion. Dies spricht natürlich sehr dafür, in Kanada auf dieses Pferd „Icewine“ zu setzen.
Ich wünsche nun viel Spaß mit der Verarbeitung von Rhabarber und vor allem bei der Entdeckung des kanadischen Icewines! Übrigens bietet Cellardoor24 auch hervorragende trockene Weine aus Kanada.
Ihre Daniela Dünckelmeyer